Cui bono?

Offizierssiedlung-2

Vorher …

offiverwüstung

… nachher. Die Sahle schafft Fakten und „entkernt“ Häuser, auch durch Öffnen der Dächer für die Starkregenmassen, Wochen vor dem Beschluss des Bebauungsplans.

 

Nun ist es also tatsächlich passiert: Gegen die Stimmen der GRÜNEN, der Mannheimer Liste, der FDP – allen drei Fraktionen sei an dieser Stelle für Unbeugsamkeit, Worttreue und Bürgernähe herzlich gedankt – und von Dr. Gerhard Schäffner (ALFA) beschloss die GaGroKo im Mannheimer Gemeinderat (also die sog. Sozialdemokraten, die CDU und der Linke Thomas Trüper) den Bebauungsplan für die Offizierssiedlung.

In der aktuellen Ausgabe des Amtsblatts, also des Publikationsorgans für die amtliche Version der Wahrheit, finden sich die Information zum Beschluss. Ich zitiere:

„„Uns war von vornherein klar, dass die Häuser, so wie sie jetzt sind, einzeln nicht vermarktet werden können. Das wäre ein großer wirtschaftlicher Schaden für die MWSP gewesen. Was jetzt als Bebauungsplan erarbeitet wurde, findet unsere Zustimmung, denn wir brauchen dringend guten Wohnraum in Mannheim“, betonte Carsten Südmersen (CDU).“

Das ist glatt gelogen. Die Einzelvermarktung wäre vielmehr lukrativer für die Stadtkasse gewesen, wie der Verein Offizierssiedlung Mannheim e. V. nachgewiesen hat, aber die Bürgermeisterpartei und ihre Mehrheitsbeschaffer rechts und ganz links haben beschlossen, das schlicht zu ignorieren.

Stattdessen hat die MWSP zunächst wider besseres Wissen mit Falschaussagen wie „die Häuser sind unbewohnbar“, „nicht unterkellert“ oder „nicht vermarktbar“ den Gemeinderat dazu gebracht, einem Investorenwettbewerb zuzustimmen. Schlimm, dass hier a) dreist gelogen wurde und b) die Gemeinderäte offenbar alles unbesehen glauben, was man ihnen erzählt. Ein Blick in eines der Häuser hätte gezeigt, dass da Keller sind – sie sind gar nicht so schwer zu finden, gleich unterm Haus … –, und dann wären vielleicht auch am Rest der steilen Behauptungen Zweifel aufgekommen. Auch dass ein Teil der unbewohnbaren Häuser von der Sahle erhalten und vermarktet WIRD, hätte bei denkenden Menschen Zweifel aufkommen lassen können.

Heute, zwei Jahre später, werden dann bei der Beschlussfassung dieselben Unsinnsbehauptungen erneut bemüht. Offizierssiedlung Mannheim e. V. hatte die Stadt mehrfach dazu aufgerufen, wenn man schon knapp 400 unterzeichneten Kaufabsichtserklärungen keinen Glauben schenkt und über 100 Inititiativbewerbungen bei der BImA nicht interessieren, eine eigene Marktstudie zu einer Direktvermarktung durchzuführen. Dies war leider weder von der CDU noch der SPD gewollt – wahrscheinlich weil man ganz genau wusste, wie das Ergebnis ausfallen würde. So realitätsresistent, wie sich hier manche geben, kann in Wirklichkeit niemand sein. Genau deshalb erscheint der gesamte komplett intransparente, aber mit dem Etikett der Bürgerbeteiligung versehene Prozess unsauber, und man muss fragen: „Cui bono?“ – „Wem nützt es?“

Der Stadt Mannheim und ihren Bürgern jedenfalls nicht.

Das Verbrechen beginnt

stoppt-den-abriss-der-offizierssiedlung-in-mannheim-kaefertal_1423921376Über zwei Jahre hat die Bürgerinitiative IGWT, heute Offizierssiedlung Mannheim e. V., für den Erhalt und gegen den Abriss der Offizierssiedlung gekämpft. Knapp 2000 Unterschriften sowie über 390 Kaufinteressenten wurden dem Gemeinderat der Stadt Mannheim zur Verfügung gestellt. Sowohl NABU als auch BUND als auch GRÜNE, ML, FDP und ALFA im Gemeinderat sowie der Bezirksbeirat Käfertal (ohne die Stimmen der Bürgermeisterpartei SPD) stellten und stellen sich gegen die Zerstörung dieses Kleinods.

Doch am kommenden Dienstag, 14. Juni, gegen 16 Uhr 30, wird der Gemeinderat der Stadt Mannheim dennoch mehrheitlich für die Vernichtung der parkartigen Wohnanlage und damit für etwas, was außer der die Quadratestadt regierenden Quasi-GroKo und der sich an diesem ökologischen Gewaltverbrechen die Taschen füllenden Investorin keiner so recht will.

Das Schlimme aber ist: Es gibt auch gar keinen Grund dafür, dass das passiert – außer vielleicht „ätsch, das haben wir jetzt so beschlossen“, und das ist selbst für die Mannheimer Stadtverwaltung ein bisschen dünn. Da war ein Architektenwettbewerb, den keiner so recht gewann und den keiner so recht wollte – und den der MWSP-Chef und selbsternannte Experte für Bürgerbeteiligung, Dr. Konrad „Die Anwohner können hier reden, was sie wollen – sie haben keine Lobby“ Hummel, schließlich durch das demokratietheoretisch mehr als fragwürdige Argument der Doppelstimme nach seinem Gusto entschied. Aber wer das seltsam findet, der müsste auch aufhorchen, wenn man erwähnt, dass Ralf Eisenhauer Angestellter eben dieser MWSP ist, für die das Projekt Offizierssiedlung so und nicht anders laufen musste, aber auch Fraktionsvorsitzender der SPD im Gemeinderat, die immer stramm für die Pläne der MWSP und gegen die Bürgerinteressen gestimmt hat. Aber das wundert ja keinen (Hat da jemand FIFA gesagt?)

Ich hätte mich ja als verantwortungsbewusster Bürger Argumenten durchaus gebeugt. Bei einem Projekt wie der Konversion spielen drei Kategorien solcher Argumente eine Rolle: ökologische, städteplanerische und finanzielle.

  • Ökologisch ist das Ganze schlicht eine Katastrophe – eine parkähnliche Wohnanlage wird weitgehend plattgemacht, der Rest zu Tode verdichtet, und es fallen 500 Bäume (lt. Gemeinderatsbeschluss). Nicht zu reden von denen, deren Wurzeln bei den Erdarbeiten unheilbar beschädigt werden. Wer sich ein wenig seriös mit CO2-Problemen in Städten befasst, der weiß, dass das nicht wiedergutzumachen ist. Das Gesülze von den Ausgleichspflanzungen strohhalmdicker Baumimitate mag verfahrenstechnisch korrekt sein, ist aber so verlogen, dass es meine Intelligenz beleidigt. Wer eine Abholzung von dieser Größenordnung in einer von Baumvernichtung gebeutelten Stadt wie Mannheim beschließt, versündigt sich schlicht und einfach an den Lebenschancen nachfolgender Generationen.
  • Städteplanerisch ist es ebenso wenig sinnvoll. Was in Mannheim am dringendsten fehlt, nämlich bezahlbarer Wohnraum für wenig Betuchte, entsteht bei beiden Konzepten nicht, aber der Erhalt hätte „Häuslebauern“ die Chance gegeben, in einem historisch deutschlandweit einmaligen Umfeld Häuser zu moderaten Preisen zu erwerben im Wissen, nach und nach Geld in Renovierung zu stecken. Dass das gewollt war, zeigt die von uns nachgewiesene dreifache Überzeichnung des gegebenen Wohnraums in kürzester Zeit ohne jede Bewerbung durch echte Kaufinteressenten.
  • Finanziell – nun ja. Klar, Mannheim ist notorisch klamm, aber die Einzelvermarktung der Offizierssiedlung hätte der Stadt Mehreinnahmen von mehreren Millionen Euro beschert. Und mehr Arbeit, klar – man hätte sich mit rund 200 Einzel-Erwerbern auseinandersetzen sollen. Aber sollen die Mehreinnahmen und die 500 Bäume am Ende diesem Argument, der Mindermühe, geopfert werden?

Es bleibt also KEIN GRUND. Die MWSP als Projektverantwortliche hat zur Erreichung ihres erklärten Ziels, der Vernichtung der Offizierssiedlung und der Ausverkaufs an die SAHLE, im Laufe des Planungsprozesses systematisch Bezirksbeirat und Gemeinderat an der Nase herumgeführt und Informationen nicht, nur teilweise bzw. nur sehr kurzfristig den politisch Verantwortlichen zur kritischen Durchsicht vorgelegt. Ferner hat man bei der Auswahl des Siegerentwurfs bewusst darauf geachtet, dass nur politische Vertreter anwesend sind, die für den Abriss stimmen. Ebenfalls wurde der zuständige Bezirksbeirat Käfertal stets im Nachhinein informiert. SPD, CDU und Linke – die Mannheimer GanzGroKo – stören sich dennoch nicht am Vorgehen der Stadtverwaltung und stellen sich auf die Seite des Investors. Aus einem bundesweit einzigartigen Wohnidyll wird so eine 08/15-Dichtsiedlung.

Wir haben die MWSP mehrfach der Falschaussage überführt. Dennoch hat die Verwaltung – weil nicht sein kann, was nicht sein darf – sämtliche Einwände der Bürgerinitiative im Bebauungsplanverfahren abgelehnt.

Trotz dieser frustrierenden Erfahrungen möchten wir Sie ein weiteres Mal um Hilfe bitten. Der Gemeinderat tagt am 14. Juni 2016 um 16 Uhr im Mannheimer Stadthaus N1. Sollten Sie die Zeit finden, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie dieser Sitzung beiwohnen und unseren Stadtvertretern zeigen, dass man so mit der Bevölkerung nicht umspringen kann.

Und noch eins: Die Offizierssiedlung ist nicht der Stuttgarter Schlossgarten und Franklin nicht S21. Aber wir Anwohner werden da sein, wenn im Herbst die Bäume fallen sollen.

Maßlos maßvoll

stoppt-den-abriss-der-offizierssiedlung-in-mannheim-kaefertal_1423921376Dr. Konrad Hummel, Geschäftsführer der MWSP, hatte sich geärgert. Wir – also die IGWT, die Interessengemeinschaft der Anwohner der Wasserwerkstraße und Beim Teufelsberg, hatten uns doch tatsächlich erdreistet, „unrichtige Tatsachenbehauptungen“ bezüglich der Entwicklung der ehemaligen Offizierssiedlung anzustellen. Nun, immerhin hatte das böse Wort „Totalabriss“ gereicht, um nicht nur den Mannheimer Morgen endlich berichten zu lassen, sondern der MWSP eine Reaktion zu entlocken: Sie lud in Gestalt Herrn Hummels zum klärenden Gespräch in Franklin.

Im Vorfeld übermittelte die IGWT einen umfassenden Fragenkatalog, um das Klären zu erleichtern. Der spielte aber zunächst keine Rolle; vielmehr geriet die erste Hälfte der auf anderthalb Stunden terminierten Veranstaltung zu einer Werbeveranstaltung für die Sahle Wohnen GmbH & Co. KG., der Unternehmensgruppe, die den besseren zweiten Platz beim Wettbewerb um die Offizierssiedlung gemacht hat und mit der die Stadt „kurz vor der Vertragsreife“ (Hummel) steht. Dass diese Firma eingeladen war, nicht aber die nicht der SPD angehörenden Bezirksbeiräte aus Käfertal (ein Fauxpas, sicher, ein Versehen, bei dem nach Intervenieren von Georg Hermann, CDU, rasch zurückgerudert wurde – immerhin sah der Bezirksbeirat auf diese Weise auch mal den aktuellen Entwurf), wurde mit keinem Wort kommentiert, und so gerieten dann die ersten 45 Minuten so kaffeefahrtähnlich, dass ich unwillkürlich damit rechnete, der Sahle-Vertreter werde jeden Augenblick die kostengünstig zu erwerbenden Heizdecken auspacken.

Die zweite Hälfte der Veranstaltung gestaltete sich aufgrund entschlossenen Intervenierens von IGWT-Sprecher Klaus Meggle zumindest dialogischer, wenn auch nicht informativer. Was ich mitgenommen habe:

  1. Wenn zwei dasselbe sagen, meinen sie nicht dasselbe. Es ist ja eine allgemeine Crux, dass sich Politiker und ihre Zuarbeiter gerne sprachlich in Worthülsen hüllen, deren Credo die Unverständlichkeit ist. Aber das muss man sich nicht gefallen lassen. Das Wort von der „maßvollen Nachverdichtung“ im Zusammenhang mit dem, was die Sahle und die MWSP in der Offizierssiedlung planen, erinnert mich unheilvoll an einen Satz des damaligen Bundesinnenministers Friedrich „Old Schwurhand“ Zimmermann aus dem Juli 1983: „Gewaltloser Widerstand ist Gewalt.“ Oder mit anderen Worten: Wer eine Verdreifachung der Wohneinheiten auf einer gegebenen Fläche als maßvoll bezeichnet, würde auch behaupten, ein ärmelloses T-Shirt sei ein Norwegerpullover.
  2. Unsere Interessen interessieren die MWSP, um Klaus Meggle zu zitieren, „einen Scheißdreck“. Ich habe Sie gehört, Herr Hummel: „Sie haben keine Lobby, sie haben keine Mehrheit im Stadtrat – machen Sie ruhig Ihre Bürgerinitiative, Sie werden sich nicht durchsetzen.“ Alles klar soweit.

Wenn die Verwaltung mit dieser Zunge spricht, dann muss OB Peter Kurz, der erst jüngst wieder Glaubwürdigkeit als höchstes Gut der Politik herausstellte, sich fragen lassen, ob Bürgerbeteiligung und Transparenz wirklich so aussehen und ob er die Interessen der zum Teil jahrzehntelangen Anwohner so kaltschnäuzig wegignorieren (lassen) will, nachdem doch angeblich Profitinteressen nicht die erste Geige spielen, „maßvoll“ gearbeitet und das Interesse der Bürger (und als ich das letzte Mal nachgesehen habe, waren auch direkte Anwohner des betroffenen Gebietes Bürger der Stadt Mannheim) gewahrt werden sollte.

Glaubwürdigkeit sieht anders aus.