Auftrittsverbot und das achte Gebot

Union Da ahnt man nichts Böses, und plötzlich kommt ein Revanchefoul.
Zunächst mal etwas Kontext für Leute, die mich noch nicht so lange kennen. Ich bin mit 14 durch einen großartigen Gemeindepfarrer, den heute in Leipzig als Politikberater und feinsinniger Kommentator gesellschaftlicher Vorgänge tätigen Christian Wolff, zum Engagement an der evangelischen Unionsgemeinde in Mannheim-Käfertal gekommen. Dann folgte eine sehr lange Phase, in der ich dort sehr aktiv war – Friedensbewegung, Anti-Homosexuellendiskriminierungs-Arbeit, Jugendarbeit, jede Menge Musik, Kirchentagsarbeit. Insgesamt fast dreißig Jahre.
Vor ein paar Jahren bin ich dann aus der Kirche ausgetreten. Aus einer ganz großen und einer ganz kleinen Enttäuschung heraus. Die große war, dass sich die ev. Kirche in ethischen, politischen und sozialen Fragen auf die Hinterbänke der Gesellschaft verzogen hatte und statt Engagement Frömmigkeit als Innenschau betrieb. Die kleine war, wie nach Christians Weggang nach Leipzig die Gemeinde durch Inaktivität totgelegt wurde.
So habe ich das auch im von der Gemeindepfarrerin erbetenen Gespräch zum Austritt begründet. Und keinen Zweifel daran gelassen, dass ich mit der Unionsgemeinde als meiner Heimatgemeinde nach wie vor liebevoll verbunden fühle.
Schwenk in den November dieses Jahres. Amlässlich der Langen Nacht der Kunst und Genüsse haben mich die Käfertaler GRÜNEN engagiert, mit meiner Band aufzuspielen. Ein Ort war rasch gefunden: Ein alter Weggefährte und ehemaliger Kirchenältester an der Unionsgemeinde lud uns ein, das Ganze doch als gemeinsame Veranstaltung in der Kirche zu machen, mit GEPA-Verkauf fair gehandelter Waren. Grüne Infos, Fairtrade und akustische Grooves – das klang nach „match made in heaven“. Doch die Pfarrerin stellte sich quer: Ich habe mich, ließ sie den Ideengeber und den Ältestenkreis wissen, abfällig und despektierlich über die Gemeinde geäußert und sei dort als Kulturschaffender nicht erwünscht.
Hab ich nicht.
Folgenden Brief habe ich deshalb heute in die Post getan:

 

Ältestenkreis der Evangelischen Gemeinde Käfertal und im Rott

c/o Wolfgang Mentzel, Vorsitzender

Offener Brief

Lieber Wolfgang, sehr geehrte Älteste,

anlässlich der Langen Nacht der Kunst und Genüsse habe ich Günter Freund angeboten, mit meiner Band The Blue Raincoat Project in der Unionskirche aufzutreten; parallel waren ein GEPA-Verkaufsstand und ein Informationsstand der Grünen, Ortsverband Käfertal, geplant. Günter Freund war mit mir und mit Grünen-Bezirksbeirat Robert Hofmann der Auffassung, dadurch könne eine runde Veranstaltung entstehen, die zur Bereicherung des Gemeindelebens der Bürger- wie der Pfarrgemeinde dienen könnte.

Mir ist zu Ohren gekommen, dass sich Pfarrerin Kyra Seufert im Gespräch mit Günter Freund gegen diese Veranstaltung – sie fand letztlich dann unter großen Zuspruch, aber leider ohne GEPA-Verkauf im Kulturhaus statt – positioniert hat mit dem Argument, ich könne in der Unionskirche nicht (mehr) tätig werden, nachdem ich mich negativ über meine Gemeinde und das Gemeindeleben geäußert habe. Ob ihr als Ältestenkreis über diesen Sachverhalt gleichlautend zur letztlichen Entscheidungsfindung über die geplante Veranstaltung informiert wurdet, ist mir nicht bekannt.

Ich finde es bedauerlich, wie wenig hier der Wahrheit die Ehre gegeben wird. Faktisch ist nämlich das Gegenteil der Fall. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass ich mich zu keinem Zeitpunkt negativ über die Gemeinde geäußert bzw. mich von ihr distanziert habe. Vielmehr liegen mir die Kirchengemeinde, in der ich rund 25 Jahre lang sehr aktiv war, und ihr Wohlergehen nach wie vor überaus am Herzen. Die kritischen Worte, die ich im Gespräch mit Frau Pfarrerin Seufert anlässlich meines Austrittes aus der Gemeinde gefunden habe, richteten sich in keiner Weise gegen die Gemeinde.

Ich bitte den Ältestenkreis, diese Tatsache zur Kenntnis zu nehmen. Darüber hinaus verweise ich darauf, dass es sich bei diesem Schreiben um einen offenen Brief handelt, den ich auch anderweitig öffentlich zu machen gedenke.

Mit herzlichem Gruß

Oliver Hoffmann

Gemütlicher Rassismus

maier

Das ist Jens Maier. Jens Maier ist nach eigenen Angaben 55, sitzt mit dem Direktmandat der AfD aus dem Wahlkreis Dresden 1 im Bundestag und ist ein Rassist.

 

 

 

 

Belege? Bitte, gern doch:
maiertweet

Gemeint ist damit Noah Becker, der Sohn von Boris Becker.  Aber der feine Herr Maier (seit seiner SPD-Mitgliedschaft hat ihn sein Weg wahrlich weit geführt) ist nicht nur  Abgeordneter der AfD, sondern auch Zivilrichter am Dresdner Landgericht. Seit er über „Mischvölker“ fabulierte, ist ebendort ein Disziplinarverfahren gegen ihn anhängig.
Ich weiß nicht, ob man ihn deswegen, wie der tapfere Ankerherz-Verlag als  #Vollnazi bezeichnen kann, aber auf jeden Fall als #Vollrassisten.

Es widert mich an, dass meine Steuergelder die Diäten dieses Mannes bezahlen.

Ausgekifft

fdpIch hätte ja nie gedacht, dass ich ausgerechnet für die FDP eine Lanze brechen würde. Aber ich war gestern Nacht Herrn Lindner einigermaßen dankbar, dass er diesem unwürdigen  Schauspiel namens „Sondierungsgespräche“ ein Ende bereitet hat.

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Nach der klugen, richtigen  und ebenfalls dankenswerten Entscheidung der SPD für die Opposition brauchten die  dreieinhalb theoretisch gemeinsam zu einer Regierungsbildung rechnerisch befähigten Parteien acht Wochen, um zu überlegen, ob sie überhaupt Koalitionsgespräche führen wollen. (Ich verkneife mir jetzt jegliche Auslassungen über die CSU, ein regionales Kuriosum wie Grüne Soße und Kochkäse, und deren gefühlte, tatsächliche usw. Relevanz). Dabei hätte jede WählerIn, der/die Parteiprogramme liest und Aussagen vor der Wahl noch halbwegs ernst nimmt (es sei denn, sie kommen von Frau Merkel und beziehen sich auf die Maut), auf Anhieb sagen können, dass das nicht laufen wird.

Denn Hand aufs Herz: Einer der Gründe für die grassierende Politik- und Parteienverdrossenheit ist doch, dass man „denen da oben“ (welch lächerlicher Gedanke, haben wir ihnen doch gestattet, sich zu ent-heben) nichts mehr glauben kann. Die Biegsamkeit der eigenen Standpunkte, sobald irgendwo ein Eckchen Macht winkt, war zumindest für mich persönlich zunehmend problematisch.

Also seien wir froh, dass der Herr Lindner es gemerkt hat – spätestens die grüne Parteibasis hätte bei ihrer Abstimmung vermutlich dasselbe gesagt. Außerdem wurden so Grüne und FDP nicht glattgemerkelt (=abgeschliffen), wie es mit der zur Unkenntlichkeit Merkel-eingenordeten ehem. Volkspartei SPD in der GroKo geschah.

Also lasst uns unverkrampft neu wählen – ja, der Weg dorthin ist verfassungsrechtlich tricky, aus Angst vor Weimarer Verhältnissen … geschenkt, das schafft der Herr Steinmeier schon.  Außerdem haben wir ja Zeit – ich zumindest habe mich nach der Wahl nicht weniger (oder gar schlechter) regiert gefühlt als davor.
Und noch ein Nachsatz zu Cem Özdemir und seiner ständigen Bechwörung von „Patriotismus“ als Triebfeder für sein Handeln. In einem klugen Text von Konstantin Wecker heißt es „Nationalismus ist eine lebensbedrohliche Seuche und der Patriotismus dasselbe in folkloristischem Gewand.“ Nur mal so zum Nachdenken.

Hoffentlich nicht Allianz-versichert

allianzIch habe für mein Smartphone, das zwar keinen Apfel als Logo trägt, aber dennoch nicht zu den billigsten auf dem Markt zählt, auf Anraten des Mitarbeiters im Media-Markt, wo ich das Telefon erworben habe, einen sogenannten Allianz PlusSchutz abgeschlossen. Hätte ich das nur nie getan.

Nicht nur laut der Bewerbung durch den Media-Markt-Mitarbeiter, sondern auch laut der Vertragsbedingungen wäre ich durch dieses Versicherungspaket nicht nur gegen nicht selbst verschuldete Beschädigung, sondern eben auch gegen Diebstahl geschützt gewesen. Nun hat mir im August in einem Nachtzug auf der Heimreise von Hamburg ein unfreundlicher Mensch mein Smartphone gestohlen. Ich schlief zum Zeitpunkt des Diebstahls bei geschlossener Abteiltür in einem Sechserabteil, das Licht war gelöscht, das Handy befand sich unmittelbar neben meinem Kopf auf dem Tischchen des Abteils zum Aufladen an der Steckdose. Ich wurde auf den Diebstahl aufmerksam, als ich aus dem Schlaf hochschreckte, weil die Abteiltür zuschlug.

Danach habe ich alles so gemacht, wie es mir der freundliche Mitarbeiter der Allianz am Telefon empfohlen hat: Anzeige bei der Polizei gegen unbekannt erstattet, den Schaden gemeldet und ausführlich geschildert. Leider habe ich den Kardinalfehler gemacht, die Versicherung nicht zu belügen. Wie der geneigte Leser aus den bisherigen Formulierungen schon ahnt, sehe ich keinen Cent. Die Versicherung stellt sich auf den Standpunkt, durch das Einschlafen – was einem meiner Auffassung nach nachts gegen 2:00 Uhr schon mal passieren kann – sei die von mir zu verlangende „Abwehrbereitschaft und Abwehrmöglichkeit“ nicht gegeben gewesen. Von den unsäglichen Gesprächen mit überforderten, inkompetenten, nicht entscheidungsbefugten und zum Teil leider unsere gemeinsamen Sprache nur rudimentär mächtigen Callcenter-Mitarbeitern auf dem Weg zu dieser Erkenntnis möchte ich an dieser Stlle schweigen.

Ich stelle fest: Aus meiner Sicht ist dieses Versicherungspaket eine riesige Mogelpackung, und die Allianz verwendet offenbar einen Gutteil des kreativen Potenzials ihrer Mitarbeiter darauf, Ausflüchte fürs Nichtzahlen zu erfinden, statt langjährigen Kunden bei Bagatellbeträgen zu helfen.

Lasst die Finger von dem Scheiß. Lasst am besten die Finger von dieser Versicherungsgesellschaft. Es versteht sich wohl von selbst, dass ich den Anschlussvertrag, den ich direkt beim Neukauf am Tag nach dem Diebstahl abgeschlossen hatte, inzwischen gekündigt habe. Wenigstens die Rücküberweisung hat anstandslos geklappt.

Wann bricht dein Zorn sich Bahn?

werewolf_warrior_by_el_grimlock-d47whxkIch habe zur Zeit die große Ehre, für Ulisses an der Jubiläumsausgabe von Werwolf: die Apokalypse zu arbeiten. Für mich ist das nicht nur ein nostalgischer Trip in eine spannende Vergangenheit, beruflich wie rollenspielerisch.

Noch mehr als damals habe ich heute das Gefühl, dass das Spiel viel mehr als ein Spiel ist. Wir stehen tatsächlich kurz vor der Apokalypse. Und aller Wahrscheinlichkeit nach stimmt noch ein weiteres Detail des Erzählkosmos: Wir werden den Untergang wohl nicht aufhalten können, sondern allenfalls aufschieben.

Dies sind die letzten Tage –
Die Zeichen sind deutlich:
Selbst unsere Welpen wissen,
Dies ist das Zeitalter der Apokalypse

Die Menschen haben die Erde verwüstet
Die Bäume vernichtet
Die Tiere getötet
Die Luft verschmutzt
Den Boden vergiftet
Das Wasser verseucht
Das Ewige Feuer entfacht

Jetzt erhebt sich der Wyrm
Den Mond zu verdunkeln
Verschlingt alles, was er packen kann,
Jagt die Jäger.

Kein Garten ist, in den wir fliehen könnten
Nirgends ist Versteck.

Das Ende naht.

Wann bricht dein Zorn sich Bahn?

Ich kann tatsächlich nur empfehlen, einen Blick in den Hintergrund der Jubiläumsausgabe zu werfen. Ich weiß noch nicht genau wann, aber ich denke, das Crowdfunding wird demnächst losgehen.

Und wenn wir nicht alle zügig den Zorn in uns auflodern lassen und zu Streitern Gaias werden, egal ob in Occupy-Camps, im Engagement gegen Monsanto, TTIP und CETA oder in Demos gegen das hässliche Gesicht des deutschen Neofaschismus, die AfD, könnte es zu spät sein.

Schärft eure Klauen.

Cui bono?

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Vorher …

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… nachher. Die Sahle schafft Fakten und „entkernt“ Häuser, auch durch Öffnen der Dächer für die Starkregenmassen, Wochen vor dem Beschluss des Bebauungsplans.

 

Nun ist es also tatsächlich passiert: Gegen die Stimmen der GRÜNEN, der Mannheimer Liste, der FDP – allen drei Fraktionen sei an dieser Stelle für Unbeugsamkeit, Worttreue und Bürgernähe herzlich gedankt – und von Dr. Gerhard Schäffner (ALFA) beschloss die GaGroKo im Mannheimer Gemeinderat (also die sog. Sozialdemokraten, die CDU und der Linke Thomas Trüper) den Bebauungsplan für die Offizierssiedlung.

In der aktuellen Ausgabe des Amtsblatts, also des Publikationsorgans für die amtliche Version der Wahrheit, finden sich die Information zum Beschluss. Ich zitiere:

„„Uns war von vornherein klar, dass die Häuser, so wie sie jetzt sind, einzeln nicht vermarktet werden können. Das wäre ein großer wirtschaftlicher Schaden für die MWSP gewesen. Was jetzt als Bebauungsplan erarbeitet wurde, findet unsere Zustimmung, denn wir brauchen dringend guten Wohnraum in Mannheim“, betonte Carsten Südmersen (CDU).“

Das ist glatt gelogen. Die Einzelvermarktung wäre vielmehr lukrativer für die Stadtkasse gewesen, wie der Verein Offizierssiedlung Mannheim e. V. nachgewiesen hat, aber die Bürgermeisterpartei und ihre Mehrheitsbeschaffer rechts und ganz links haben beschlossen, das schlicht zu ignorieren.

Stattdessen hat die MWSP zunächst wider besseres Wissen mit Falschaussagen wie „die Häuser sind unbewohnbar“, „nicht unterkellert“ oder „nicht vermarktbar“ den Gemeinderat dazu gebracht, einem Investorenwettbewerb zuzustimmen. Schlimm, dass hier a) dreist gelogen wurde und b) die Gemeinderäte offenbar alles unbesehen glauben, was man ihnen erzählt. Ein Blick in eines der Häuser hätte gezeigt, dass da Keller sind – sie sind gar nicht so schwer zu finden, gleich unterm Haus … –, und dann wären vielleicht auch am Rest der steilen Behauptungen Zweifel aufgekommen. Auch dass ein Teil der unbewohnbaren Häuser von der Sahle erhalten und vermarktet WIRD, hätte bei denkenden Menschen Zweifel aufkommen lassen können.

Heute, zwei Jahre später, werden dann bei der Beschlussfassung dieselben Unsinnsbehauptungen erneut bemüht. Offizierssiedlung Mannheim e. V. hatte die Stadt mehrfach dazu aufgerufen, wenn man schon knapp 400 unterzeichneten Kaufabsichtserklärungen keinen Glauben schenkt und über 100 Inititiativbewerbungen bei der BImA nicht interessieren, eine eigene Marktstudie zu einer Direktvermarktung durchzuführen. Dies war leider weder von der CDU noch der SPD gewollt – wahrscheinlich weil man ganz genau wusste, wie das Ergebnis ausfallen würde. So realitätsresistent, wie sich hier manche geben, kann in Wirklichkeit niemand sein. Genau deshalb erscheint der gesamte komplett intransparente, aber mit dem Etikett der Bürgerbeteiligung versehene Prozess unsauber, und man muss fragen: „Cui bono?“ – „Wem nützt es?“

Der Stadt Mannheim und ihren Bürgern jedenfalls nicht.

Das Verbrechen beginnt

stoppt-den-abriss-der-offizierssiedlung-in-mannheim-kaefertal_1423921376Über zwei Jahre hat die Bürgerinitiative IGWT, heute Offizierssiedlung Mannheim e. V., für den Erhalt und gegen den Abriss der Offizierssiedlung gekämpft. Knapp 2000 Unterschriften sowie über 390 Kaufinteressenten wurden dem Gemeinderat der Stadt Mannheim zur Verfügung gestellt. Sowohl NABU als auch BUND als auch GRÜNE, ML, FDP und ALFA im Gemeinderat sowie der Bezirksbeirat Käfertal (ohne die Stimmen der Bürgermeisterpartei SPD) stellten und stellen sich gegen die Zerstörung dieses Kleinods.

Doch am kommenden Dienstag, 14. Juni, gegen 16 Uhr 30, wird der Gemeinderat der Stadt Mannheim dennoch mehrheitlich für die Vernichtung der parkartigen Wohnanlage und damit für etwas, was außer der die Quadratestadt regierenden Quasi-GroKo und der sich an diesem ökologischen Gewaltverbrechen die Taschen füllenden Investorin keiner so recht will.

Das Schlimme aber ist: Es gibt auch gar keinen Grund dafür, dass das passiert – außer vielleicht „ätsch, das haben wir jetzt so beschlossen“, und das ist selbst für die Mannheimer Stadtverwaltung ein bisschen dünn. Da war ein Architektenwettbewerb, den keiner so recht gewann und den keiner so recht wollte – und den der MWSP-Chef und selbsternannte Experte für Bürgerbeteiligung, Dr. Konrad „Die Anwohner können hier reden, was sie wollen – sie haben keine Lobby“ Hummel, schließlich durch das demokratietheoretisch mehr als fragwürdige Argument der Doppelstimme nach seinem Gusto entschied. Aber wer das seltsam findet, der müsste auch aufhorchen, wenn man erwähnt, dass Ralf Eisenhauer Angestellter eben dieser MWSP ist, für die das Projekt Offizierssiedlung so und nicht anders laufen musste, aber auch Fraktionsvorsitzender der SPD im Gemeinderat, die immer stramm für die Pläne der MWSP und gegen die Bürgerinteressen gestimmt hat. Aber das wundert ja keinen (Hat da jemand FIFA gesagt?)

Ich hätte mich ja als verantwortungsbewusster Bürger Argumenten durchaus gebeugt. Bei einem Projekt wie der Konversion spielen drei Kategorien solcher Argumente eine Rolle: ökologische, städteplanerische und finanzielle.

  • Ökologisch ist das Ganze schlicht eine Katastrophe – eine parkähnliche Wohnanlage wird weitgehend plattgemacht, der Rest zu Tode verdichtet, und es fallen 500 Bäume (lt. Gemeinderatsbeschluss). Nicht zu reden von denen, deren Wurzeln bei den Erdarbeiten unheilbar beschädigt werden. Wer sich ein wenig seriös mit CO2-Problemen in Städten befasst, der weiß, dass das nicht wiedergutzumachen ist. Das Gesülze von den Ausgleichspflanzungen strohhalmdicker Baumimitate mag verfahrenstechnisch korrekt sein, ist aber so verlogen, dass es meine Intelligenz beleidigt. Wer eine Abholzung von dieser Größenordnung in einer von Baumvernichtung gebeutelten Stadt wie Mannheim beschließt, versündigt sich schlicht und einfach an den Lebenschancen nachfolgender Generationen.
  • Städteplanerisch ist es ebenso wenig sinnvoll. Was in Mannheim am dringendsten fehlt, nämlich bezahlbarer Wohnraum für wenig Betuchte, entsteht bei beiden Konzepten nicht, aber der Erhalt hätte „Häuslebauern“ die Chance gegeben, in einem historisch deutschlandweit einmaligen Umfeld Häuser zu moderaten Preisen zu erwerben im Wissen, nach und nach Geld in Renovierung zu stecken. Dass das gewollt war, zeigt die von uns nachgewiesene dreifache Überzeichnung des gegebenen Wohnraums in kürzester Zeit ohne jede Bewerbung durch echte Kaufinteressenten.
  • Finanziell – nun ja. Klar, Mannheim ist notorisch klamm, aber die Einzelvermarktung der Offizierssiedlung hätte der Stadt Mehreinnahmen von mehreren Millionen Euro beschert. Und mehr Arbeit, klar – man hätte sich mit rund 200 Einzel-Erwerbern auseinandersetzen sollen. Aber sollen die Mehreinnahmen und die 500 Bäume am Ende diesem Argument, der Mindermühe, geopfert werden?

Es bleibt also KEIN GRUND. Die MWSP als Projektverantwortliche hat zur Erreichung ihres erklärten Ziels, der Vernichtung der Offizierssiedlung und der Ausverkaufs an die SAHLE, im Laufe des Planungsprozesses systematisch Bezirksbeirat und Gemeinderat an der Nase herumgeführt und Informationen nicht, nur teilweise bzw. nur sehr kurzfristig den politisch Verantwortlichen zur kritischen Durchsicht vorgelegt. Ferner hat man bei der Auswahl des Siegerentwurfs bewusst darauf geachtet, dass nur politische Vertreter anwesend sind, die für den Abriss stimmen. Ebenfalls wurde der zuständige Bezirksbeirat Käfertal stets im Nachhinein informiert. SPD, CDU und Linke – die Mannheimer GanzGroKo – stören sich dennoch nicht am Vorgehen der Stadtverwaltung und stellen sich auf die Seite des Investors. Aus einem bundesweit einzigartigen Wohnidyll wird so eine 08/15-Dichtsiedlung.

Wir haben die MWSP mehrfach der Falschaussage überführt. Dennoch hat die Verwaltung – weil nicht sein kann, was nicht sein darf – sämtliche Einwände der Bürgerinitiative im Bebauungsplanverfahren abgelehnt.

Trotz dieser frustrierenden Erfahrungen möchten wir Sie ein weiteres Mal um Hilfe bitten. Der Gemeinderat tagt am 14. Juni 2016 um 16 Uhr im Mannheimer Stadthaus N1. Sollten Sie die Zeit finden, würden wir uns sehr freuen, wenn Sie dieser Sitzung beiwohnen und unseren Stadtvertretern zeigen, dass man so mit der Bevölkerung nicht umspringen kann.

Und noch eins: Die Offizierssiedlung ist nicht der Stuttgarter Schlossgarten und Franklin nicht S21. Aber wir Anwohner werden da sein, wenn im Herbst die Bäume fallen sollen.

Das Grün-Defizit

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Sorry, Bäume … ihr werdet sterben.

 

Experten haben in Mannheim mögliche Standorte für neue Bäume in der Innenstadt ins Auge gefasst. Zunächst sind allerdings (nach den massiven Abholzungen der vergangenen Monate) insgesamt nur 38 Neupflanzungen in den Quadraten vorgesehen.

Dafür werden allein in der Offizierssiedlung Käfertal im Zuge der Konversion 500-700 alte Bäume gefällt werden, die neuen Häuser weichen müssen – nur einer der vielen Zankäpfel im Zusammenhang mit der Vernichtung des Kleinods im Mannheimer Norden.

Gleichzeitig betont die Stadt allerdings gebetsmühlenartig, sie wolle aus dem Grün-Defizit heraus. Dazu möchte sie nun in der Innenstadt weitere Bäume pflanzen, und weil es dazu offenbar nicht reicht, ein Loch in die Erde zu machen und einen Baum zu pflanzen, nahm die Verwaltung statt für Bäume in bester Technokratenmanier erst mal Geld für Fachleute in die Hand, in diesem Falle für das Gutachter-Büro IUS Waibel und Ness. Der Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats nickte das Konzept der Fachleute, das Umweltbürgermeisterin Kubala (tatsächlich: Grüne) vorlegte, gestern wie üblich ab, Gesprächsbedarf bestand augenscheinlich nicht. Diesem Konzept entsprechend soll zunächst die eingangs erwähnte stattliche Zahl von ganzen 38 neuen Bäumen an ausgesuchten Standorten in der Innenstadt wachsen und gedeihen – ganze 21 davon als Ausgleich für die umstrittenen, angeblich der Notwendigkeit eines Radwegs geschuldeten Fällungen alter Platanen in der Bismarckstraße 2015. Das taugt als Ausgleich in etwa so viel, als schlüge man jemandem ein Auge aus und lasse ihn jeden zweiten  Mittwoch im Monat durch eine Brille schauen.

„In Zeiten des Klimawandels bekommen die Stadtbäume eine immer größere Bedeutung. Besonders in der Innenstadt, die sich im Sommer im Verhältnis zu den Vororten stark aufheizt, wirken insbesondere Stadtbäume temperaturausgleichend“, steht in der Ratsvorlage zum IUS-Konzept. Warum daraus allerdings logisch folgen soll, dass es eine gute Idee ist, das Verhältnis Innenstadt/Vororte zu verbessern, indem man siebenhundert Bäume dem Profit einer Investorin opfert, mag verstehen wer will – dem Autor dieser Zeilen gelingt es nicht.