Was wir so planen …

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Gestern flatterte uns der gedruckte Herbstkatalog vom Drucker ins Haus. Wer einen haben möchte, kann ihn sich unter anderem direkt bei uns ab dem 28.04. auf dem Mannheimer Maimarkt abholen (s. Post von gestern …) oder hier herunterladen.

Vor allem freue ich mich, dass es in absehbarer Zeit, nämlich im Juni, endlich mit der Nightside weitergeht … Band 10, Für eine Handvoll Pfund, verspricht großen Lesespaß für alle Freunde des coolen John Taylor.

Alles neu macht der Mai(-Markt)

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Am Samstag, 28.04.2012 öffnet der Mannheimer Maimarkt wieder seine Pforten.Zum ersten Mal wird in diesem Jahr auch Feder&Schwert auf der größten Regionalmesse Süddeutschlands in Halle 10 ausstellen. Der Maimarkt ist eine der ältesten Institutionen Mannheims. Seit Mannheim 1613 von Pfalzgraf Johann II. von Zweibrücken die Marktprivilegien verliehen bekam, findet er statt. Der Maimarkt wartet während der elf Messetage mit jährlich rund 340.000 Besuchern und etwa 1.400 Ausstellern unterschiedlichster Couleur auf rund 75.000 m² quasi im Schatten der SAP-Arena auf. Neben dem Verkauf und der Präsentation unserer Bücher wird es vor Ort auch Lesungen unserer Autoren auf der großen Leseinsel geben. Ju Honisch, Chris Schlicht und Oliver Plaschkawerden an den Wochenenden und am Abschlusstag, dem sogenannten Maimarktdienstag, aus ihren Werken lesen und freuen sich wie ich auf euren Besuch.Weitere Informationen zu Eintrittspreisen und alles Wissenswerte zum Maimarkt findet ihr auf der offiziellen Homepage des Maimarkts: www.maimarkt.de.Die genauen Lesungstermine findet ihr zeitnah in unserem Veranstaltungskalender.

Myself: Nicht seetauglich (ein Abgesang)

Der von mir künstlerisch als Autor und Musiker sehr geschätzte Sven Regener hält eine durch ihre Urheberrechtsideen ausgelöste Wutrede, Umfragen sehen sie Kopf an Kopf mit den Grünen, und Claudia Roth sagt – vermeintlich aus Angst – eine Diskussion mit ihrem Spitzenkandidaten in Nordrhein-Westfalen, Joachim Paul, ab.

Höchste Zeit also, mir mal eine (vorerst) abschließende Meinung zur Piratenpartei zu bilden. Natürlich steht am Anfang meiner persönlichen Auseinandersetzung, wie schon in früheren Beiträgen bekundet, eine reflexive Sympathie für alles Nonkonforme, den Status Quo in Frage stellende, Abdersdenkende und -machende. Aber dann sehe ich die Jungs (und Mädels) in Talkshows sitzen, die Augen weit wie Scheunentore vor Staunen, zu was man da so alles befragt wird – und strotzend vor Ahnungslosigkeit. Nicht falsch verstehen: Ich wäre froh, wenn mancher Politiker den Mut hätte, ab und an zu sagen: „Öh, damit habe ich mich noch nicht befasst, fragen Sie mich in einer Woche nochmal“, statt Phrasen zu dreschen und wohlfeile Luftblasen aus dem Arsenal des Politiker-Hohlsprechs abzusondern. Aber hier scheint mir der Mut zur Lücke in vielen Fällen flächendeckend zu sein.

Dann lese ich ein SPIEGEL-Streitgespräch zwischen Jan Delay (ihr wisst schon: Lindenberg-Buddy mit unerträglicher Nöhlstimme, aber geilen Soulnummern) und Christopher Lauer, innen- und kulturpolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus Berlin. Und stelle fest: Der Herr Lauer hat tatsächlich keine Alternativen zur fairen Entlohnung der Kulturschaffenden, aber er will erst mal das bestehende, uns schützende Urheberrecht abschaffen und dann „experimentieren“. Gegebenheiten etwa im Internet sind für ihn „wie Naturgesetze“, und die Wirklichkeit passt er dann daran an. Das ist Fatalismus statt politischem Gestaltungswillen und mithin eine Bankrotterklärung für jeden Politiker (ja, sogar für einen, der es werden möchte).

Persönliches (Zwischen-)Fazit: Nach wie vor freue ich mich über Piratensiege über „freie“ Demokraten. Aber Frau Roth hat wohl recht – man muss nicht jeden aufwerten, indem man mit ihm diskutiert. Ich finde sie niedlich. Aber das gilt auch für Erdmännchen. Ich werde auch ihr „RTFGG“-T-Shirt weiter tragen, weil das jedem zu empfehlen ist. Wählbar sind sie für mich nicht.

Was gesagt werden können muss

So, jetzt habe ich das Grass-Gedicht-Osterei auch gelesen. Zunächst einmal der Wortlaut – denn wer was dazu sagen will, sollte es, um meinen Lieblings-Universitätslehrer zu zitieren gelesen und verstanden haben:

Was gesagt werden muss – Günter Grass

„Warum schweige ich, verschweige zu lange,
was offensichtlich ist und in Planspielen
geübt wurde, an deren Ende als Überlebende
wir allenfalls Fußnoten sind.

Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag,
der das von einem Maulhelden unterjochte
und zum organisierten Jubel gelenkte
iranische Volk auslöschen könnte,
weil in dessen Machtbereich der Bau
einer Atombombe vermutet wird.

Doch warum untersage ich mir,
jenes andere Land beim Namen zu nennen,
in dem seit Jahren – wenn auch geheimgehalten –
ein wachsend nukleares Potential verfügbar
aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
zugänglich ist?

Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
dem sich mein Schweigen untergeordnet hat,
empfinde ich als belastende Lüge
und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt,
sobald er missachtet wird;
das Verdikt „Antisemitismus“ ist geläufig.

Jetzt aber, weil aus meinem Land,
das von ureigenen Verbrechen,
die ohne Vergleich sind,
Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
ein weiteres U-Boot nach Israel
geliefert werden soll, dessen Spezialität
darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe
dorthin lenken zu können, wo die Existenz
einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,
doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
sage ich, was gesagt werden muss.

Warum aber schwieg ich bislang?
Weil ich meinte, meine Herkunft,
die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist,
verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit
dem Land Israel, dem ich verbunden bin
und bleiben will, zuzumuten.

Warum sage ich jetzt erst,
gealtert und mit letzter Tinte:
Die Atommacht Israel gefährdet
den ohnehin brüchigen Weltfrieden?
Weil gesagt werden muss,
was schon morgen zu spät sein könnte;
auch weil wir – als Deutsche belastet genug –
Zulieferer eines Verbrechens werden könnten,
das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld
durch keine der üblichen Ausreden
zu tilgen wäre.

Und zugegeben: ich schweige nicht mehr,
weil ich der Heuchelei des Westens
überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen,
es mögen sich viele vom Schweigen befreien,
den Verursacher der erkennbaren Gefahr
zum Verzicht auf Gewalt auffordern und
gleichfalls darauf bestehen,
dass eine unbehinderte und permanente Kontrolle
des israelischen atomaren Potentials
und der iranischen Atomanlagen
durch eine internationale Instanz
von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.

Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern,
mehr noch, allen Menschen, die in dieser
vom Wahn okkupierten Region
dicht bei dicht verfeindet leben
und letztlich auch uns zu helfen.“

So – und nun?

Also zunächst mal: Literaturwissenschaftlich gesehen ist das unsäglich schlecht. Es mag mir weder poetisch noch lyrisch erscheinen, sondern mutet wie die postmoderne Altherren-Fortsetzung der in den 80ern so angesagten „Verschenktexte“ der unsäglichen Kristiane Allert-Wybranietz an, die damals schon eher „Texte, die man sich schenken kann“ waren. Willkürlich Zeilenumbrüche in drangvoll hingeschluderten Sätzen eben.

Aber sonst – was soll die Aufregung?

Ich habe wenig Verständnis für das reflexive Aufheulen gerade auch von mir sehr geschätzter, politisch besonnener Menschen, sobald es um (Kritik an) Israel geht. Mal im Ernst: Dieser Text – ich weigere mich, ihn ein Gedicht zu nennen – ist nicht antisemitisch. Er kritisiert den Staat Israel und seine Politik, seinen Umgang mit Palästinensern und sein Atomwaffengerassel, und was an solcher Kritik falsch sein soll, kann ich nicht sehen. Atomwaffen, brutale Unterdrückung Andersgläubiger und Kriegstreiberei sind falsch, egal wer dafür verantwortlich ist.

Klar, Grass, der mal eben ein Leben lang vergessen hat, dass er mit 17 bei der Waffen-SS war, ist jetzt nicht gerade der natürliche Abonnnent für moralische Überlegenheit. Und er macht/nimmt sich selbst furchtbar wichtig. Aber das macht andererseits nicht jeden Satz von ihm zur antijüdischen Hetze. Besonnenheit tut Not.

Fazit: Ein ganz mieses Gedicht. Inhaltlich nicht falsch. Und zweifellos ein Gegenstand des mir sehr teuren Rechtes auf freie Meinungsäußerung. Getreu dem Motto:

„Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“

– Voltaire

Freaks like us

Nach 10 äußerst erholsamen Tagen mit Julia und zeitweise bis zu knapp 70 anderen „Freunden des österlichen Wendlandes“ in der Proitzer Mühle – inmitten von Rundlingsdörfern und Castor-Widerstand – bin ich seit heute wieder am Schreibtisch. Zehn wohltuende Tage sind vorbei, in denen O2 vor der Sendemastenleere im Landkreis Lüchow-Dannenberg kapitulierte und mir weder Surfstick noch Handy etwas nutzten.

In dieser Zeit war ich (unter anderem) FBI-Agent, Cthulhu-Kultist, Besitzer eines Sushi-Imbisses, bronzezeitlicher Tyrann, jüdischer Superheld im Kampf gegen Nazis, ein Monsteraffe, der Tokyo einnehmen wollte, ein Ermittler in den Welten H. P. Lovecrafts und ein Heiratsschwindler anno 2073.  Ich war Koch für Menschenmassen, Whisky- und Cidervernichter, Vielfraß, endlich mal wieder Langschläfer, Spätzubettgeher und vor allem mit der unvergleichlichen Julia wieder mal weit weg vom Alltag. In meinem Kopf, am Spielbrett und manchmal sogar ganz real.

Danke an alle Spielleiter, Mitspieler, Spielerklärer, Mitköche und -gourmets und flankierenden Osterurlauber. Es war mir ein Fest und hat gut getan. Die Welt bräuchte mehr Spinner wie uns. Rollenspieler an die Macht.

I’ll be back.

PS: Und kaum ist man mal ’ne gute Woche weg, verschwindet sang- und klanglos unsere geschätzte Praktikantin Daniela Elisabeth Tilg. Vielen Dank für alles und alles Gute, Daniela!