Der von mir künstlerisch als Autor und Musiker sehr geschätzte Sven Regener hält eine durch ihre Urheberrechtsideen ausgelöste Wutrede, Umfragen sehen sie Kopf an Kopf mit den Grünen, und Claudia Roth sagt – vermeintlich aus Angst – eine Diskussion mit ihrem Spitzenkandidaten in Nordrhein-Westfalen, Joachim Paul, ab.
Höchste Zeit also, mir mal eine (vorerst) abschließende Meinung zur Piratenpartei zu bilden. Natürlich steht am Anfang meiner persönlichen Auseinandersetzung, wie schon in früheren Beiträgen bekundet, eine reflexive Sympathie für alles Nonkonforme, den Status Quo in Frage stellende, Abdersdenkende und -machende. Aber dann sehe ich die Jungs (und Mädels) in Talkshows sitzen, die Augen weit wie Scheunentore vor Staunen, zu was man da so alles befragt wird – und strotzend vor Ahnungslosigkeit. Nicht falsch verstehen: Ich wäre froh, wenn mancher Politiker den Mut hätte, ab und an zu sagen: „Öh, damit habe ich mich noch nicht befasst, fragen Sie mich in einer Woche nochmal“, statt Phrasen zu dreschen und wohlfeile Luftblasen aus dem Arsenal des Politiker-Hohlsprechs abzusondern. Aber hier scheint mir der Mut zur Lücke in vielen Fällen flächendeckend zu sein.
Dann lese ich ein SPIEGEL-Streitgespräch zwischen Jan Delay (ihr wisst schon: Lindenberg-Buddy mit unerträglicher Nöhlstimme, aber geilen Soulnummern) und Christopher Lauer, innen- und kulturpolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus Berlin. Und stelle fest: Der Herr Lauer hat tatsächlich keine Alternativen zur fairen Entlohnung der Kulturschaffenden, aber er will erst mal das bestehende, uns schützende Urheberrecht abschaffen und dann „experimentieren“. Gegebenheiten etwa im Internet sind für ihn „wie Naturgesetze“, und die Wirklichkeit passt er dann daran an. Das ist Fatalismus statt politischem Gestaltungswillen und mithin eine Bankrotterklärung für jeden Politiker (ja, sogar für einen, der es werden möchte).
Persönliches (Zwischen-)Fazit: Nach wie vor freue ich mich über Piratensiege über „freie“ Demokraten. Aber Frau Roth hat wohl recht – man muss nicht jeden aufwerten, indem man mit ihm diskutiert. Ich finde sie niedlich. Aber das gilt auch für Erdmännchen. Ich werde auch ihr „RTFGG“-T-Shirt weiter tragen, weil das jedem zu empfehlen ist. Wählbar sind sie für mich nicht.
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